Mittlerweile ist beinahe in jedem Haushalt eine Amazon Alexa oder Google Home im Einsatz. Manche haben möglicherweise auch bereits ChatGPT eine Frage gestellt oder sich so einen Text generieren lassen. Die Ergebnisse KI-basierter Chatbots sind bemerkenswert und bieten vor allem für Unternehmen vielzählige Möglichkeiten. Doch was den Datenschutz betrifft, stellt uns KI vor große Herausforderungen. Datenschutzrechtliche Grundsätze wie Transparenz, Zweckbindung und Datenminimierung stehen der Strategie der KI entgegen.
Was ist eine KI eigentlich genau?
Als künstliche Intelligenz (KI) oder auch artificial intelligence (AI) bezeichnet man die derartige Konzeption von technischen Systemen, welche Probleme selbstständig bearbeiten, sich selbst an veränderte Bedingungen anpassen und die Eigenschaft besitzen, aus neuen Daten zu lernen. Damit diese selbstlernenden Systeme funktionieren, müssen die Algorithmen mit einer großen Datenmenge gefüttert werden. Denn eine KI ohne Daten ist in etwa so nützlich wie ein Schwimmbecken ohne Wasser. Die Fähigkeit automatisiert Entscheidungen zu treffen, birgt jedoch ein Risiko für die Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen.
Interview mit SiDIT-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Holger Loos
Da es sich in diesem Fall um ein komplexes Thema handelt, das sich nicht nur auf den Datenschutz beschränkt und auch andere Rechtgebiete betrifft, wenden wir uns an einen Fachmann. Daher möchten wir unseren Mit-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Holger Loos vorstellen.
Mit mehr als 18 Jahren Berufserfahrung im IT-, Internet- und Medienrecht berät er seine Kund:innen und Mandant:innen insb. auf den Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Vertragsrechts und ist weiterhin als Datenschutzbeauftragter tätig. Sowohl aus datenschutz- als auch rechtlichem Interesse verfolgt Herr Loos das Thema KI gespannt und stellt sich unseren Fragen.
KI bietet Chancen für Unternehmen
SiDIT: Wie stehst du zu dem Thema KI und in welchen Branchen siehst du die größten Chancen für die Anwendung?
Holger Loos: Ich stehe KI extrem offen gegenüber. Ich glaube es kann viele Probleme der Menschheit lösen, aber natürlich auch einige neue Probleme schaffen, die aber alle lösbar sind. Aus meiner Sicht liegen die größten Chancen im Klimaschutz, der Effizienzgestaltung von Prozessen und auch im Hauptproblem des HR-Bereichs im Bereich der Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter:innen aufgrund der Ressourcenknappheit.
Weitere Chancen sehe ich in jedem Unternehmen, sowohl im Produzentengewerbe als auch im Beratungsgewerbe, dem Einzelhandel oder Gastronomiebereich. KI bietet in allen Bereichen mittelfristig Chancen. Im Healthcare-Bereich sagt man, dass die Pflege durch nichts zu ersetzen ist, was ich genauso sehe. Man könnte jedoch Ärzten, deren Arbeit zu großen Teilen aus Dokumentation besteht, mittels KI sehr viel Dokumentationsarbeit abnehmen. Dadurch könnte mehr Platz für Pflege und Betreuung von Patient:innen geschaffen werden.
Rechtliche Aspekte
SiDIT: Worauf sollten Unternehmen achten, wenn Sie eine KI einsetzen möchten?
Holger Loos: Natürlich immer zuerst auf den Datenschutz und die Hoheit der Daten.
SiDIT: Bist du der Meinung, dass Crowdsourcing durch den Einsatz einer KI datenschutzkonform gestaltet werden kann?
Holger Loos: Es kommt sehr darauf an, wo die Server stehen und wie das umgesetzt wird. Grundsätzlich besteht die Problematik, dass KI nur durch großes Machine Learning funktioniert. Um die Sachen zu erlernen, müssen die Daten ja irgendwoher kommen. Das ist aus meiner Sicht datenschutzrechtlich extrem schwer umsetzbar. Je zwielichtiger die Herkunft der Plattform ist, umso schwieriger ist das Thema. Grundsätzlich ist sowas datenschutzrechtlich umsetzbar, wobei der Standort der Server eine Rolle spielt.
SiDIT: Gibt es noch allgemeine rechtliche Aspekte außerhalb des Datenschutzes, die es hierbei zu beachten gibt?
Holger Loos: Ganz viele. Urheberrecht, Persönlichkeitsrechte. Auch die Haftung beim Urheberrecht spielt eine Rolle: Wem gehören die Inhalte, welche von der KI generiert werden? Auf welchen Rechten basiert das Wissen der KI? Ist das rechtlich zulässig ausgewertet worden? Allgemein stellt sich die Haftungsfrage, also was passiert, wenn KI Mist baut? Kommt es hier zu einer Störerhaftung wie beim Kraftfahrzeug oder greifen andere Haftungstatbestände?
Birgt die KI Gefahren?
SiDIT: Worin liegen Deiner Meinung nach die größten Nachteile oder Risiken beim Einsatz einer KI?
Holger Loos: Die Risiken sind aus meiner Sicht momentan hauptsächlich theoretischer Natur. Ein reales Risiko ist, dass die Wertschöpfung durch den Menschen zurückbleibt und alle auf den KI-Zug aufspringen und sich selbst zu wenig Gedanken über wertschöpfende Inhalte machen. Langfristig kommt die Frage auf, wie die KI den Menschen ersetzen kann und ob sie ihn manchmal zu gut ersetzt.
Ich möchte hier auf keine Endzeitszenarien anspielen, aber man muss sich natürlich die Frage stellen, warum eine KI, die alles besser machen kann als der Mensch und dieser den Planeten gefährdet – was eine Tatsache ist – den Menschen überhaupt noch braucht. Möglicherweise schaffen wir uns irgendwann damit den Selbstzweck unserer Existenz ab, auch wenn das sehr langfristig gedacht ist.
SiDIT: Es gibt vermehrt Diskussionen, ob die DSGVO den technischen Fortschritt, wie z. B. eine KI, behindert. Wie sieht Deine Einschätzung hierzu aus?
Holger Loos: Objektiv behindert sie ihn natürlich. Ist der Einwand also berechtigt? Ja. Ich glaube man muss Menschen erstmal entwickeln lassen und sollte Fortschritt nicht behindern. Aber der Fortschritt darf nicht der Preis sein, dass individuelle Rechte wie das Datenschutzrecht hintenanstehen.
Fazit
Als Unternehmen, das eine KI einsetzen möchte, muss man also neben den datenschutzrechtlichen Aspekten eine Menge anderer rechtlicher Fragestellungen im Blick haben. Sie sollten daher stets vor dem geplanten Einsatz einer KI Ihren Datenschutzbeauftragten involvieren und sich umfassenden Rechtsrat einholen.
Wir möchten uns ganz herzlich bei Herrn Loos für dieses ausführliche Interview bedanken!
Sollten Sie noch Fragen in diesem Bereich haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir sind bundesweit tätig und unterstützen Sie gerne: info@sidit.de oder 0931-780 877-0.
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