Weiter geht es in der Basics-Reihe. Aufgrund der hohen Relevanz in der Praxis widmet sich der heutige Blogbeitrag nochmals ausschließlich dem berechtigten Interesse und vor allem der Interessenabwägung.

Die Interessenabwägung
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Rückblick

Im letzten Blogbeitrag wurde bereits erörtert, dass es drei Voraussetzungen braucht, damit ein berechtigtes Interesse bejaht werden kann:

– Der Verantwortliche hat an der Verarbeitung der personenbezogenen Daten ein berechtigtes Interesse – Die Datenverarbeitung ist gerade zur Wahrung dieses Interesses erforderlich
– Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen nicht

Die letzte der drei Voraussetzungen ist mit Abstand die wichtigste. Hier muss eine umfangreiche, objektive Gegenüberstellung der Interessen des Verantwortlichen und der entgegenstehenden Interessen, Grundfreiheiten und Grundrechten des Betroffenen erfolgen. Ein komplexer, aber essentieller Schritt.

Wie ist bei einer Interessenabwägung vorzugehen?

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie eine Interessenabwägung funktioniert, wenn man sich bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auf das berechtigte Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen möchte.

1. Schritt
Sinnvoll ist es, zunächst die ermittelten eigenen Interessen, also die des Verantwortlichen, anzuführen und nach Relevanz zu sortieren. Bei der Sortierung der eigenen Interessen sollte auch beachtet werden, ob Interessen verfolgt werden, die sich vielleicht auf Grundrechte stützen oder Interessen, die auch im Sinne der Allgemeinheit stehen. Sollte das der Fall sein, sollten diese Interessen an erste Stelle gesetzt werden.

2. Schritt
Als nächstes müssen objektiv die Interessen des Betroffenen festgestellt werden. Werden durch die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten Grundfreiheiten oder Grundrechte verletzt? Was sind auch Erwartungen der betroffenen Person? Sind diese Interessen festgestellt worden empfiehlt es sich auch hier, diese nach ihrer Bedeutung zu ordnen. 3. Schritt Jetzt kommt im letzten und wichtigsten Schritt die Kür: Die ermittelten Interessen beider Seiten müssen gegeneinander aufgewogen werden. Was wiegt schwerer? In die Abwägung unbedingt mit einzubeziehen sind auch Faktoren wie die Art und Menge der zu verarbeitenden Daten des Betroffenen, die Speicherdauer und welche Sicherheitsvorkehrungen bei dem Verantwortlichen für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten getroffen wurden.

Wann überwiegt das berechtigte Interesse?

Wenn man nach der umfangreichen Abwägung zu dem Schluss kommt, dass die Interessen und Rechte des Betroffenen nicht die Interessen des Verantwortlichen eindeutig überwiegen, war die Abwägung erfolgreich. Die Verarbeitung kann also auf das berechtigte Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die vorgenommene Interessenabwägung unbedingt dokumentiert werden muss.

Beispiel aus der Praxis

Das waren sehr allgemeine Darstellungen. Diese sollen nochmals an dem Praxisbeispiel „Speicherung von Adressdaten für Marketingzwecke“ veranschaulicht werden:

1. Interessen des Verantwortlichen
Das für die Verarbeitung verantwortliche Unternehmen möchte den Namen und die Adresse eines Kunden speichern, um diesem Werbung bzgl. Angeboten und Leistungen zukommen zu lassen. So soll der Kunde auch weiterhin Interesse haben, Kunde zu bleiben.

Erforderlichkeit
Die Verarbeitung der Daten des Kunden zu diesem Zweck ist auch erforderlich, um das Interesse des Verantwortlichen zu wahren. Es steht kein anderes, gleich effektives Mittel zur Verfügung.

Interessenabwägung
Auf der Seite des Verantwortlichen steht ganz klar das Interesse an der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr, die Kundenakquise und das Marketing.

Auf Seiten des Betroffenen sind ganz klar die Wahrung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das Recht auf Privatsphäre und das Interesse an der Sicherheit der eigenen Daten.

Die Abwägung kann auf verschiedene Argumente gestützt werden. Zum einen werden in den Erwägungsgründen zur DSGVO Marketinginteressen durchaus gewürdigt. Außerdem handelt es sich nicht um besonders sensible Daten, sondern „nur“ um Adressdaten und den Namen. Soweit Kunden deutlich auf das Recht zum Widerspruch hingewiesen werden, sind solche Werbemaßnahmen aus datenschutzrechtlicher Sicht durchaus zulässig.

Es muss allerdings immer beachtet werden, dass unter Umständen andere Gesetze solchen Werbemaßnahmen entgegenstehen. Hier geht es nur um Datenschutz.

Dies war natürlich nur eine exemplarische und stark verkürzte Darstellung, um zu veranschaulichen, wie eine Interessenabwägung aussehen kann. Eine richtige Interessenabwägung ist natürlich um einiges umfangreicher.

Fazit

In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass Unternehmen Einwilligungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten einholen, wo sie eigentlich keine bräuchten. Häufig könnten die Verarbeitung auch auf das berechtigte Interesse gestützt werden. Das geschieht häufig aus Unsicherheit oder eben auch Unwissenheit. Wer objektive Kriterien finden kann, um einen Sachverhalt zu Beurteilen und sich nicht scheut, eine interessensgerechte Abwägung durchzuführen, kann auf Dauer neue Wege in der Datenverarbeitung finden. Das Stützen der Verarbeitung personenbezogener Daten auf das berechtigte Interesse kostet Mut, ist in vielen Fällen aber durchaus sinnvoll und kann viel Zeit sparen.

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